Festival Belluard Bollwerk International

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Liebes Publikum!

Kuhglocken, Talerschwinger, Laientheater, Schuhplattler, Gesundbeten, Greyerzer-Herstellung und die Gesänge von Gottéronfans; aber auch Orientalischer Tanz, marokkanische Aïtas, tamilisches Oppari, kongolesische Sapeurs sowie die mexikanische Sprache Náhuatl sind lebendige Traditionen, die bei der diesjährigen Ausgabe des Belluard Festival im Mittelpunkt stehen. Als lebendige ­Tradition gilt eine kulturelle oder soziale ­Praxis, die seit mindestens zwei Generationen übermittelt wird, sich beständig weiter entwickelt und denen, die sie praktizieren, ein Gefühl von Identität und Kontinuität ­vermittelt. Identität und Kultur sind also nicht statisch, sondern Prozesse, die sich aus Erzählungen und Widersprüchen, Kreolisierungen und Konfrontationen, Ver­mischungen und Abgrenzungen immer ­wieder erneuern und verändern. Schweizer und internationale Künstler erforschen und befragen in spielerischen Aneignungen das Gestaltungspotential lebendiger Traditionen für die postmigrantischen Gesellschaften von morgen, in Ausstellungen, Aufführungen, Installationen, Konzerten und Formaten, für die das Genre erst noch erfunden werden muss.

Alle Freiburger Träger lebendiger Traditionen, ob alteingesessen oder neu zugezogen, sind eingeladen, vor der Kamera des Democratic Set aufzutreten: es entsteht ein Kurzfilm, der am Ende des Festivals uraufgeführt wird. «Belluard doch selber!» ist das Motto für dieses und weitere Projekte, bei denen in diesem Jahr aktiv mitgemacht werden kann. Roter Faden durch das Programm ist auch die Musik, nicht nur bei den von ­Daniel Fontana und Michael Kinzer hand­verlesenen Konzerten. Bei fast allen Auf­führungen spielt Musik eine zentrale Rolle, und die Vielfalt der Klänge, die zu hören sind, machen einer musikaffinen Stadt wie Freiburg alle Ehre.

Zum 33. Mal ist die historische Festung Kulisse für künstlerische Projekte; im Arsenal wird wieder gekocht – diesmal von der Bieler Cantine Mobile – alle sitzen bis nachts auf der Strasse und später noch an der Bar im Bollwerk: eine temporäre Gemeinschaft, ­offen für jeden, immer im Wandel, für viele Teil der lokalen Identität. Ist das Belluard womöglich selbst eine lebendige Tradition?

Anja Dirks und das Team des Belluard Festival